Bipolar Sphere , Nassauische Kunstverein, Wiesbaden

zusammen mit Markus Walenzyk, Fotos © Christian Lauer

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In der gemeinsam entwickelten Ausstellung BIPOLAR SPHERE führen Lisa Weber und Markus Walenzyk ihre beiden künstlerischen Positionen zusammen und legen experimentell in der gegenseitigen Ergänzung neue Aspekte der Wahrnehmung offen.

Die Förderung junger zeitgenössischer Kunst ist ein wesentlicher Bestandteil der Programmgestaltung des Nassauischen Kunstvereins Wiesbadens. So eröffnet der Kunstverein Kunsthochschulstudenten in regelmäßigen Abständen die Möglichkeit, ihre Abschlussarbeiten im institutionellen Rahmen zu präsentieren. BIPOLAR SPHERE sind die Meisterschüler- und Diplomausstellungen von Lisa Weber und Markus Walenzyk, Klasse Prof. Dieter Kiessling, Kunsthochschule Mainz.

Markus Walenzyk, der bereits 2011 mit einem Beitrag innerhalb einer Gruppenausstellung im Kunstverein zu sehen war, begreift den menschlichen Körper als Medium und Material, das in seiner Transformierbarkeit zum Ausdruck uns umgebender Bilder wird. In der Erarbeitung seiner Porträts agiert er zumeist mit seinem eigenen Gesicht, das er in performativen Handlungen in seiner realen und illusionistischen Abbildhaftigkeit hinterfragt. Das Gesicht als Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses in Kultur, Gesellschaft und Geschichte ist eng verbunden mit Begriffen der Identität und Vergänglichkeit. In Anknüpfung an die Bildtradition des Porträts nimmt Markus Walenzyk die Facettenhaftigkeit des menschlichen Daseins in den Blick – ein Abbild, das ständig neu reproduziert und auch wieder zerstört werden kann, so verschleiert er in seinem Werk ODEM, mit einer Plastiktüte sein Gesicht. Durch das Ein-und Ausatmen fügt sich diese einerseits an die individuellen Gesichtszüge an, andererseits löst sich die Folie im nächsten Moment wieder. Die Verhüllung kann in diesem Sinne bloße Maskierung, aber auch stilisierte Essenz einer menschlichen Expression sein. Zugleich wird das Gesicht durch das von außen auferlegte Bild eingenommen und aktiv verändert. In der künstlerischen Untersuchung des Gesichts und seiner Darstellung im Porträt sieht Walenzyk die Möglichkeit Aspekte des Selbstverständnisses menschlicher Existenz infrage zu stellen.

Lisa Weber nimmt in ihren Arbeiten hingegen die Wahrnehmung und Positionierung des Menschen in seiner Umwelt in den Fokus. Ihre künstlerischen Beobachtungen thematisieren und visualisieren Bewegungs- und Zeitstrukturen natürlicher Phänomene des Alltäglichen. Im Zusammenspiel von Video und Foto schafft die Künstlerin wand- und raumfüllende Installationen, die sich in ästhetischer Annäherung einer intensivierten Untersuchung von beispielsweise meteorologischen und kosmologischen Erscheinungen widmet. In ihrer filmischen Arbeit UNTITLED (CB) zeigt Lisa Weber das stetige, bedrohliche Wachsen einer Gewitterwolke im Zeitraffer, wobei der scheinbar dokumentarische Charakter immer wieder durch Zwischenschaltungen der schwarzen Bildfläche gebrochen wird, die Möglichkeiten und Begrenzungen unseres Sehens und Erfassens werden deutlich. Die technischen Hilfsmittel der Kamera werden von Lisa Weber als Erweiterung und Festhalten ihrer eigenen Wahrnehmung genutzt.

Der Zeitfaktor spielt gerade in den systematisch angelegten Werken Webers eine wichtige Rolle. So untersucht sie globale Naturerscheinungen und ihr zeitliches Erfassen durch den Menschen. Die Künstlerin realisierte in ihrem Film UNTITLED (CURRENT) ein schematisches Abbild der internationalen Wetterberichte innerhalb eines einzigen Tages. Ebenfalls in der Ausstellung wird eine auf den Raum projizierte Installation zu sehen sein, welche die in Wiesbaden aktuell vorherrschende Windrichtung aus dem Internet direkt in den NKV überträgt. Lisa Weber lädt ein das Gegebene aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten und aktiv die eigene Wahrnehmung in ihrer Limitierung auszuloten und zu hinterfragen.